Vorstand und Aufsichtsrat in der AG: getrennt und doch zusammen?

Vorstand und Aufsichtsrat in der Aktiengesellschaft (AG) sind zwei Organe des gleichen Unternehmens. Und doch erfüllen beide Organe sehr unterschiedliche Aufgaben im Unternehmen. Gerade in schnelllebigen Zeiten wie diesen ist es dann von großer Bedeutung, dass Aufsichtsrat und Vorstand effizient zusammenarbeiten, um auch in schwierigen Zeiten das Beste für das Unternehmen zu erreichen.

Aber was genau sind die Aufgaben von Vorstand und Aufsichtsrat in der AG? Wer hat welche Kompetenzen und wie kann eine effiziente Zusammenarbeit unter den aktuellen weltwirtschaftlichen Herausforderungen gelingen?

Zweigeteilte Führungsstruktur – keine Doppelmitgliedschaft

Der Vorstand ist für die aktive Geschäftsführung eines Unternehmens verantwortlich und vertritt die AG nach außen und innen. Die Funktion des Aufsichtsrates ist eine andere: Der Aufsichtsrat ist ein für die Aktiengesellschaft gesetzlich vorgeschriebenes Kontrollgremium, das in erster Linie die Arbeit des Vorstandes – und damit die Geschäftsführung als solche – überwacht und kontrolliert.

Anders als in anderen Rechtssystemen – z. B. im Vergleich zum Verwaltungsrat in der Schweiz – sieht das deutsche Recht eine strikt zweigeteilte Führungsstruktur vor. Konsequent ist es also, dass eine Person nicht gleichzeitig Mitglied sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat derselben Kapitalgesellschaft sein kann. Das Aktiengesetz legt das ausdrücklich fest und stärkt damit die strikte Trennung von Geschäftsführungs- und Kontrollfunktion der Organe (§ 105 AktG).

Das Gesetz geht für Konzernstrukturen noch weiter: So können gesetzliche Vertreter eines abhängigen Unternehmens gem. § 17 AktG (z. B. einer Tochter-GmbH) nicht Aufsichtsratsmitglied bei der Konzernmutter sein. Auch sog. Überkreuzverflechtungen sind bei der Besetzung von Posten – gerade innerhalb von Konzernen! – unbedingt zu vermeiden, weil sie aktienrechtlich nicht zulässig sind.

Der Vorstand

Der Vorstand ist für die aktive Geschäftsführung und die rechtliche Vertretung eines Unternehmens zuständig. Das macht den Vorstand zu „Herz, Hirn und Händen“ des Unternehmens. Vor allem in größeren Unternehmen bzw. Konzernen besteht der Vorstand in der Regel aus mehreren Personen, die innerhalb des Gremiums unterschiedliche Ressorts, wie z. B. Finanzen, Personal, verantworten.

Und doch sind diese Ressorts nicht voneinander losgelöst: Vorstandsmitglieder tragen für die gesamte Geschäftsführung gemeinschaftlich Verantwortung, Vorstandsmitglieder müssen sich gegenseitig über alle wesentlichen Vorgänge unterrichten.

Der Aufsichtsrat

Anders als der Vorstand ist der Aufsichtsrat am aktiven Unternehmensalltag und der tagtäglichen Unternehmensführung nicht unmittelbar beteiligt. Dennoch bestimmt der Aufsichtsrat die Unternehmensgeschicke maßgeblich mit, u. a. weil er nicht unerheblichen Einfluss auf den Vorstand hat. Der Aufsichtsrat überwacht und kontrolliert den Vorstand (§ 111 AktG) und nimmt generell erheblichen Einfluss: Er erlässt die Geschäftsordnung des Vorstandes, bestellt und entlässt Vorstände, ernennt Vorsitzende und kann u. a. festlegen, dass für bestimmte Vorstandsentscheidungen die Zustimmung des Aufsichtsrates notwendig ist.

Gemeinsam statt einsam

Vorstand und Aufsichtsrat der AG sind zwei Organe einer Gesellschaft, die grundsätzlich klar voneinander getrennt sind und arbeiten. Das ist gesetzlich so gewollt und für die Führung und den Erfolg einer Aktiengesellschaft sinnvoll.

Wichtig erscheint aber, dass sich in Zeiten mit massiven Umbrüchen in kurzer zeitlicher Abfolge der Grundgedanke der Zusammenarbeit der Gremien wandelt. Die rasante Digitalisierung, die Pandemie, der russische Angriffskrieg und die damit verbundene Energiekrise haben gezeigt, dass auch große und sehr große Unternehmen inkl. ihrer Geschäftsführung und Aufsichtsgremien schnell und flexibel reagieren können müssen.

Natürlich muss es bei der klaren Trennung der Bereiche und Aufgaben bleiben. Und doch werden vermehrt Stimmen laut, dass es in diesen Zeiten sinnvoll ist, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat mehr als Sparringspartner betrachten, um den Herausforderungen schnelllebiger Zeiten gewachsen zu sein. Damit das gelingt, gilt es, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für beide Gremien die Arbeit und Zusammenarbeit der Gremien in der Aktiengesellschaft möglichst effizient und flexibel zu gestalten. Das gilt beispielsweise für die Schlagzahl der Sitzungen, die in schnelllebigen Zeiten und Branchen sowohl für den Vorstand als auch für den Aufsichtsrat ggfs. erhöht werden kann und sollte. Andererseits gilt es aber auch, die Durchführung von Gremiensitzungen maximal flexibel zu gestalten.

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