Alle Fachbeiträge
 

COMMERCIAL Dawn Raid oder Hausdurchsuchung? Egal – So verhalten Sie sich richtig

Durchsuchungsmaßnahmen sind bewährte Ermittlungsmethoden von kartell-, steuer- oder allgemein strafrechtlichen Ermittlungsbehörden. Naturgemäß erfolgen sie überraschend, häufig früh morgens und selten sind sie vorhersehbar. In den allermeisten Fällen sind die betroffenen Personen und/oder Unternehmen mit der Situation  psychisch und logistisch überfordert. Unternehmen sollten daher im Rahmen ihrer Compliance-Vorsorge  Verantwortlichkeiten und Handlungsanweisungen  definieren, um Schaden vom Unternehmen und Führungskräfte abzuwenden. Privatpersonen sollten sich wie Unternehmen folgendes klarmachen:

Die Durchsuchung ist der Moment der  Fahndung . Sie können diese zu 95% nicht verhindern. Sie können durch Mitwirkung  nichts  verbessern. Sie können nur durch nicht umsichtiges Verhalten vieles gravierend verschlimmern.

Um dies zu verhindern, sollten die Betroffenen das Folgende beachten:

1. Freundlich bleiben

Kein Streit, keine Flucht, keine Vernichtung von Unterlagen oder sonstigen relevanten Objekten.

Bleiben Sie geschäftsmäßig freundlich. Aggression führt nur zu Gegenmaßnahmen bis hin zu vorübergehenden Ingewahrsamnahme und kann  im weiteren Verfahrensverlauf negativ  gegen Sie verwendet werden.

Fluchtversuche oder die Vernichtung von Unterlagen, relevanten Objekten oder sonstigen potentiellen Beweismittel können  Haftgründe  darstellen. Untersuchungshaft ist dabei kein Spaß. Es gibt Kontaktsperren, kein geregeltes Gefängnisleben und kaum eine Möglichkeit mehr, die eigene Verteidigung zu organisieren.

2. Durchsuchungsbeschluss prüfen

Verlangen Sie nach dem Durchsuchungsbeschluss. Dieser darf nicht älter als  sechs Monate  sein, sonst ist die Durchsuchung unzulässig. Berufen sich die Beamten auf „Gefahr im Verzug“, lassen Sie sich die Gründe erläutern.

3. Dienstausweise prüfen

Lassen Sie sich die Dienstausweise der Beamten zeigen und notieren Sie sich deren Namen, Funktionen und Dienststellen.

4. Geschäftsführer informieren

Informieren Sie bei Maßnahmen in Unternehmen sofort die Geschäftsführung / Standortleitung oder die im Voraus dazu bestimmte Person. Diese übernimmt die weitere Kommunikation.

5. Schweigem

Reden ist schädlich! Schweigen Sie! Sie müssen zur Sache nichts aussagen und sollten dies unter keinen Umständen tun. Denken Sie daran, dass die Beamten Profis sind. Sie wollen Sie zum Reden bringen. Jedes noch so freundliche oder drohende Wort zielt darauf ab, Ihr Schweigen „zur Sache“ zu brechen. Natürlich dürfen Sie den Herrschaften einen Kaffee anbieten, ihnen den Standort der gesuchten Unterlagen zeigen (um das „Auf den Kopf stellen“ der Räumlichkeiten zu verhindern) oder geeignete geschäftsmäßige Kommunikation zur Ermöglichung der Maßnahme führen. Sobald dies aber nur im Entferntesten die Sache betrifft, sollten Sie schweigen, denn Sie können durch eine Aussage zu diesem Zeitpunkt nichts retten, sondern sich nur belasten. Manch einer meint, dass ihn allzu freundliches und entgegenkommendes Verhalten zu diesem Zeitpunkt begünstigt. Diese Annahme ist falsch! Der Zeitpunkt, sich in vernünftigem, ggfs. auch begünstigendem Maße einzulassen, kommt später!

Aussagen zu Ihren Personalien  (Vor-, Familien- und Geburtsname, Geburtsdatum, Anschrift, Beruf, Staatsangehörigkeit) können bzw. sollten Sie tätigen, wenn Sie danach gefragt werden.

In Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter zur Sache stets auf die zur Kommunikation bestimmten Personen verweisen und selber Aussagen zur Sache unterlassen. Ihre Mitarbeiter sind Zeugen, die ohne Rechtsbestand nicht aussagen müssen.

Nur vorher bestimmte Personen sollten die Gespräche mit den Ermittlern führen. Denken Sie daran, dass die Beamten das unbedarfte Wort der Kollegen gezielt suchen und provozieren. Einmal ausgesprochen, bekommen Sie dieses jedoch kaum noch eingefangen. Deshalb ist es angebracht in Unternehmen  Ablaufpläne  für derartige Fälle vorzusehen und die Mitarbeiter entsprechend informieren.

Beschuldigte und Angehörige genießen ein  strafprozessuales Schweigerecht. Zeugen (bspw. Mitarbeiter) sind nicht verpflichtet, ohne Rechtsbeistand auszusagen! Weisen Sie Ihre Mitarbeiter darauf hin!

Schließlich brauchen Sie Vernehmungen von Mitarbeitern auf Ihrem Betriebsgelände nicht zu dulden. Ihr  Hausrecht  schützt Sie insoweit.

6. Keine Teilnahmepflicht

Sie müssen an den Maßnahmen nicht teilnehmen. Es gibt keine Teilnahmepflicht. Lediglich hinnehmen müssen Sie die Maßnahme. Es empfiehlt sich aber, die Beamten nicht alleine oder unbeobachtet zu lassen. Auch darauf haben die Beamten kein Recht.

Protokollieren  Sie die Maßnahmen und die Zeitpunkte der rechtlichen Belehrungen der Beamten Ihnen gegenüber. Eine unterlassene Belehrung kann zu Beweisverwertungsverboten führen.

7. Berater hinzuziehen

Informieren Sie so schnell wie möglich einen  strafrechtlichen Berater  (Rechtsanwalt, Strafverteidiger, strafverteidigende Steuerberater), der so schnell wie möglich hinzugezogen wird. Er wird Ihnen dann telefonisch weitere Anweisungen erteilen und, falls möglich, so schnell als möglich zur Maßnahme persönlich erscheinen, um Sie vor Ort zu unterstützen.

Uns erreichen Sie unter  +49 241 946 210.

Es gibt keine allgemeine Telefonsperre bei Durchsuchungsmaßnahmen. Verhindern die Beamten den Anruf, bitten Sie sie, dass diese für Sie den Verteidiger anrufen!

8. Wartezeit einfordern

Bitten Sie den Leiter der Durchsuchungsmaßnahme darum, mit der Durchführung der Maßnahme zu warten, bis der Rechtsbeistand eingetroffen ist. Hierauf besteht zwar kein Anspruch, aber dennoch gewähren dies nicht selten die Verantwortlichen bei einer freundlichen Ansprache hierzu.

9. Sicherstellung widersprechen

Sofern Gegenstände und Unterlagen von den Beamten sichergestellt werden sollen, erklären Sie nie Ihr Einverständnis dazu, sondern widersprechen Sie formell der Sicherstellung. Die Beamten werden die Unterlagen und Gegenstände dann zwar offiziell beschlagnahmen, so dass Sie das Mitnehmen nicht verhindern können. Später muss dann jedoch ein Richter über die Beschlagnahme entscheiden. Diese Entscheidung kann dann wiederum später im Prozess angefochten werden.

10. Kopien anfertigen

Sofern möglich, stellen Sie Kopien der beschlagnahmten Akten und Unterlagen an, denn die Beamten nehmen stets die Originale mit. Sie haben ein Recht auf Anfertigung der Kopien! Derart sichern Sie sich die Beweise für ein mögliches späteres Verfahren.

11. Versiegelung fordern

Sie haben einen Anspruch auf Versiegelung der beschlagnahmten Unterlagen. Bestehen Sie darauf. Verweigern dies die Beamten fordern Sie jedenfalls, dass Ihr Wunsch auf Versiegelung im Durchsuchungsprotokoll vermerkt wird.

12. Rechtsanwalt kontaktieren

Nach der Durchsuchung sollten Sie sich mit einem Rechtsanwalt/Strafverteidiger austauschen.

Beitrag veröffentlicht am
19. Juli 2017

Christoph Schmitz-Schunken
CTC LEGAL
Rechtsanwalt, Steuerberater, zertifizierter Berater in Steuerstrafrecht (DAA)
Alle Beiträge von Christoph Schmitz-Schunken

Stichworte in diesem Beitrag

Diesen Beitrag teilen

Ähnliche Artikel

Corporate
09.10.2025

Haftung eines abberufenen Geschäftsführers wegen sittenwidriger Schädigung durch ein Schneeballsystem: Was mittelständische Unternehmen wissen müssen

Der Begriff „Schneeballsystem“ ist in der Wirtschaft vielen ein Begriff, doch häufig wird unterschätzt, welche zivilrechtlichen Haftungsrisiken damit für die Geschäftsleitung – und deren Erben – verbunden sein können. Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), festgehalten im aktuellen Urteil vom 08.07.2025 (Az.: II ZR 165/23), lässt keinen Zweifel: Wer als Geschäftsführer (auch ehemaliger) vorsätzlich ein solches System betreibt oder zulässt, läuft Gefahr, persönlich und mit seinem Nachlass für die Schäden der Anleger einzustehen.

Beitrag lesen
Tax
09.10.2025

Influencer und Steuern – Was Unternehmen und Content Creator jetzt wissen müssen

In den vergangenen Jahren hat sich aus kreativer Freizeitgestaltung auf Social-Media-Plattformen ein ernstzunehmendes und vielfach lukratives Geschäftsmodell entwickelt: Das Influencer- oder Content-Creator-Tum. Was nach unkompliziertem Marketing und Entertainment aussieht, bringt – ähnlich wie klassische gewerbliche Tätigkeiten – eine Vielzahl steuerlicher Pflichten mit sich. Für Influencer, die als Einzelunternehmer tätig sind, ebenso wie für Unternehmen, die mit ihnen kooperieren, kommt es spätestens bei Kooperationen, Produktplatzierungen oder auszuzahlenden Honoraren auf steuerliche Transparenz an.

Beitrag lesen
Corporate
09.10.2025

Miteigentum an einer Ferienimmobilie: Wie wird es auch rechtlich sorglos?

Damit eine derartige Investition und Nutzung insgesamt für Sie sorglos sein kann, muss dies auch für die rechtliche Ausgestaltung gelten. Dafür müssen Sie in dem gesamten Zeitraum von Investitionsbeginn über die gemeinsame Nutzungszeit bis zum Ausstieg oder die Beendigung der Gesellschaft eine Sie schützende rechtliche Position haben. Und dies muss für jeden dieser Zeitpunkte (Beginn-Nutzungsdauer-Ende) gelten.

Beitrag lesen