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COMMERCIAL Neues Widerrufsrecht bei Downloads von Apps, Musik und E-Books

Ab dem 13.06.2014 werden grundlegende Änderungen im Bereich des Fernabsatzwiderrufs durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) in Kraft treten. Der Beitrag Widerrufsrecht – wieder neu! hat bereits die allgemeinen Neuregelungen und Änderungen im Bereich des Online-Handels aufgezeigt.

Die Neuerungen betreffen darüber hinaus auch insbesondere das ab dem 13.06.2014 neu eingeführte Widerrufsrecht für Verbraucher u.a. beim Download  unkörperlicher digitaler Inhalte  wie beispielsweise  Apps, Software, E-Books, Musik und Filme.

I. Problemstellung

Der Bereich des Vertriebs von digitalen Inhalten im Onlinebereich erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Möglichkeit der sofortigen Verfügbarkeit eines Musiktitels bzw. eines Hörbuchs durch Download – ungeachtet etwaiger Geschäftsöffnungszeiten – ist für Verbraucher wohl einer der größten Vorteile. Jedoch ist für die Betreiber von Online-Shops aufgrund der Neuerungen im Bereich des Verbraucherwiderrufrechts Vorsicht ab dem 13.06.2014 geboten, um nicht zu einem kostenlosen Verleih-Shop zu werden, wenn der Verbraucher nach dem Download der digitalen Inhalte den Vertrag widerruft.

II. Derzeitige Rechtlage

Bisher gibt es kein Widerrufsrecht für Verbraucher im Bereich des Downloads von digitalen Inhalten. Zwar ist das Widerrufsrecht bei dem Erwerb digitaler Inhalte in unkörperlicher Form nicht ausdrücklich ausgeschlossen, jedoch wurden Downloads von digitalen Inhalten in unkörperlicher Form bisher unter § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB gefasst, wonach ein Widerrufsrecht nicht besteht, wenn „Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind“.

Durch die Novelle des Verbraucherwiderrufsrechts entfällt diese Ausnahme- ungeachtet des weiterhin bestehenden (technischen) Problems der Rücksendung solcher digitaler Inhalte in unkörperlicher Form.

III. Das neue Verbraucherwiderufsrecht

Durch die Novellierung des Verbraucherwiderrufsrecht besteht für den Verbraucher nunmehr ab dem 13.06.2014 auch ein Widerrufsrecht beim Abschluss von Fernabsatzverträgen über digitale Inhalte, wie Downloads von Apps, E-Books und Musik. Durch die ersatzlose Streichung der bisherigen bestehenden Ausnahme für Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, sowie die Einführung des § 356 Abs. 5 BGB n.F. steht dem Verbraucher ab dem 13.06.2014 grundsätzlich ein Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten in unkörperlicher Form zu.

Dies birgt jedoch die Gefahr, dass Onlineshop-Betreiber zu  kostenlosen Verleih-Shops  werden, wenn die Verbraucher nach der Nutzung der digitalen Inhalte, von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen.

Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und die Möglichkeit des Erlöschens des Widerrufsrechts im Bereich von Downloads von digitalen Inhalten in unkörperlicher Form in § 356 Abs. 5 BGB nF. unter bestimmten Voraussetzungen normiert.

IV. Digitale Inhalte in unkörperlicher Form

Nach der Gesetzesbegründung werden unter digitale Inhalte in unkörperlicher Form zukünftig insbesondere Apps, Software, E-Books sowie Musik und Filme zu fassen sein. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die digitalen Inhalte heruntergeladen und gespeichert werden oder es sich um ein  Streaming  von Daten handelt. Ausschlaggebend ist lediglich, dass die Daten nicht auf einem physischen Datenträger verkauft werden.

V. Das Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 356 Abs. 5 BGB n.F.

Nach § 356 Abs. 5 BGB nF. erlischt das Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher

  1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und
  2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.

Der Anbieter unkörperlicher digitaler Inhalte hat damit die Möglichkeit das Widerrufsrecht zum Erlöschen zu bringen.

Hierzu ist erforderlich, dass der Käufer bereits vor Ausführung des Vertrages, d.h. vor Beginn des Downloads/Streaming, ausdrücklich zustimmt, dass der Verkäufer noch während der Widerrufsfrist mit der Ausführung des Vertrages beginnt. Darüber hinaus hat der Verkäufer den Verbraucher darüber zu informieren, dass das Fernsabsatzwiderrufsrecht bei Zustimmung zur Ausführung des Vertrages noch während der Widerrufsfrist erlischt.

Beides sollte sich der Verkäufer durch den Käufer jeweils ausdrücklich bestätigen lassen. Dies ist beispielsweise durch das Setzen eines Häckchens – ähnlich wie bei der Bestätigung der Kenntnisnahme der AGBs – möglich.

Darüber hinaus ist dem Verkäufer dringend zu empfehlen auf der Abschrift oder in der Bestätigung des Vertrages, die nach § 312f Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. erforderlich ist, darüber hinaus festzuhalten, dass der Verbraucher der Vertragsausführung noch innerhalb der Widerrufsfrist zugestimmt und der Verkäufer ihn über das Erlöschen seines Widerrufsrechts in diesem Falle informiert hat (§ 312f Abs. 3 BGB n.F.). Zwar sieht der Gesetzeswortlaut keine explizite Dokumentationspflicht hierzu vor („gegebenenfalls festzuhalten“), jedoch ist bereits aus Gründen der Beweisführung eine Dokumentation nach diesseitiger Ansicht unabdingbar. Andernfalls wird dem beweispflichtigen Unternehmer der Nachweis für das Erlöschen des Widerrufsrecht kaum gelingen.

VI. Informationspflichten

Hinzu kommen noch die in § 312d Abs. 1 S. 1 BGB n.F. normierten Informationspflichten des Verkäufers gegenüber Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen:

„Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren.“

Im Bereich der digitalen Inhalte in unkörperlicher Form sind insbesondere die Informationspflichten nach Art 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 und 15 EGBGB zu beachten.

Danach ist der Verbraucher über die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte (Nr. 14) sowie gegebenenfalls – soweit wesentlich – über Beschränkungen der Interoperabilität und der Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software hinzuweisen (Nr. 15), soweit dies dem Unternehmer bekannt ist oder bekannt sein müsste. Es handelt sich hierbei um eine Art „Gebrauchsanweisung“, die dem Verbraucher beim Kauf von digitalen Inhalten in unkörperlicher Form zur Verfügung gestellt werden muss.

VII. Fazit

Dem Betreiber eines Online-Shops, der auch digitale Inhalte zum Download oder Streaming anbietet, ist die Stichtag-genaue Umsetzung der neuen Regelungen im Fernabsatzwiderruf zu empfehlen. Das neue Widerrufsrecht gilt ohne jegliche Übergangsfrist ab dem 13.06.2014 (Widerrufsrecht – wieder neu!). Bereits aufgrund der Gefahr einer neuerlichen Abmahnwelle bei fehlender bzw. verspäteter Umsetzung der neuen Vorschriften, ist eine rechtzeitige Umsetzung unabdingbar.

Unklar bleibt jedoch weiterhin wie eine Rückgabe von digitalen Inhalten in unkörperlicher Form zukünftig möglich sein soll.

Bei weiteren Fragen rund um das Thema stehen wir Ihnen gerne – auch für ein persönliches Gespräch und eine ausführliche Beratung – zur Verfügung.

Beitrag veröffentlicht am
16. Mai 2014

Christoph Schmitz-Schunken
CTC LEGAL
Rechtsanwalt, Steuerberater, zertifizierter Berater in Steuerstrafrecht (DAA)
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