Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten lassen sich nicht von den betrieblichen sonstigen inhaltlichen Angelegenheiten der Gesellschaft trennen. Sie wirken sich aufgrund der divergierenden Interessenlagen und der nicht selten sehr emotionalen, streitbehafteten Auseinandersetzungen störend und gegebenenfalls auch existenziell gefährdend auf den Geschäftsbetrieb aus.
Scheidet ein Gesellschafter infolge einer einseitigen Kündigung, eine Einziehung seines Geschäftsanteils oder eines Ausschlusses aus der Gesellschaft aus, erhält der weichende Gesellschafter hierfür eine Abfindung.
Auf Ebene des Gesellschafters wird dieser Vorgang steuerrechtlich so behandelt, als hätte er seine Geschäftsanteile veräußert. Steuerrechtlich handelt es sich daher um ein Anwendungsfall des § 17 EStG (Veräußerung von Geschäftsanteilen). Gemäß den Regelungen des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 lit. c EStG) bleiben im Ergebnis 40 % des Veräußerungsgewinnes (Abfindungsentgelt abzgl. Anschaffungskosten der Anteile) steuerfrei. Der Restgewinn wird mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. Ausnahmsweise kommt der Abgeltungssteuertarif zur Anwendung, wenn die Beteiligung des weichenden Gesellschafters nicht die Wesentlichkeitsschwelle von 1%-Beteiligung am Stammkapital erreicht.
Scheidet ein Gesellschafter-Geschäftsführer aus, müssen die gesellschaftsrechtliche und die dienstrechtliche Ebene voneinander getrennt werden. Erhält er als Geschäftsführer eine Abfindung für die Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrages, ist diese Abfindung steuerrechtlich nach den Regelungen der Arbeitnehmereinkünfte (§ 19 EStG) zu bewerten. Diese Einkünfte können dann als sogenannte außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 EStG qualifiziert besteuert wird.
Auf Ebene der Gesellschaft müssen verschiedene Themen auseinandergehalten werden.
a) Die Gesellschaft leistet die Abfindung nach Einziehung (Anteilsvernichtung)
Die Einziehung ist eine Anteilsvernichtung und stellt damit keine Anschaffung von Geschäftsanteilen dar. Sie ist auf Ebene der Gesellschaft erfolgsneutral zu buchen.
Die Abfindungszahlung darf nicht zu einem Eingriff in das Stammkapital der GmbH führen (vgl. § 34 GmbHG), denn das Stammkapital darf nicht an Gesellschafter zurückgezahlt werden (§ 30 Abs. 1 GmbHG). Die Abfindung muss daher aus den Kapitalrücklagen (§ 272 Abs. 2 und 3 HGB), etwa aus den in der Vergangenheit gebildeten Gewinnrücklagen, geleistet werden.
Soweit anteilige Stammkapital untergeht, handelt es sich um eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr. Darüber hinaus wird die Abfindung gegen die Rücklagen gebucht. Hierbei kann es zu einer Minderung des steuerlichen Einlagenkontos kommen. Werden Abfindungen geleistet, deren Höhe über den die anteiligen Verkehrswert hinausgehen, dann kann dieser Mehrbetrag steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung bewertet werden. Gemäß § 8c KStG kann dieser Vorgang zu einem Verlust von steuerlichen Verlustvorträgen führen. Im konkreten Fall findig, dass sich die beteiligte Gesellschaft fachkundig beraten lässt, dass viele inhaltliche Fragen zu diesen Vorschriften diskussionsfähig sind.
b) Die Gesellschaft leistet die Abfindung aufgrund Anteilserwerbs
Unter bestimmten Bedingungen kann die Gesellschaft auch selbst die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters im Rahmen eines Vergleiches oder aufgrund Satzungsrechtes übernehmen (vgl. § 33 GmbHG), ohne diese einziehen zu müssen. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss ich Einzelfall geprüft werden. In diesem Fall hat die Gesellschaft den Vorgang als Anschaffungsvorgang zu erfassen.
c) Verdeckte Gewinnausschüttungen
Nicht selten werden gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten von Vorwürfen über eine Fehlverwendung der Ressourcen der Gesellschaft durch den Geschäftsführer und/oder zugunsten von einzelnen Gesellschaftern begleitet. Dabei kann es sich im Einzelfall um strafrechtlich relevante Untreue oder Unterschlagung des Geschäftsführers oder ebenfalls strafrechtlich relevante verdeckte Gewinnausschüttungen der Gesellschaft an einzelne Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen handeln. Dabei kann es vorkommen, dass einzelne Parteien Strafanzeige stellen, und der Gesellschafterstreit zusätzlich durch strafrechtliche Ermittlungsmaßnahmen erschwert wird. Aber auch ohne derartige Ermittlungsmaßnahmen kann allein die offene Diskussion unter den Gesellschaftern und Geschäftsführern die Verantwortlichen in Handlungsnöte bringen, die jedenfalls die Geschäftsführer dazu bringen können, selbst ihr Amt niederzulegen oder gegebenenfalls eine strafrechtlich taugliche Selbstanzeige zu stellen. Die Überlagerung der Konflikte durch derartige Themen erfordert frühzeitig die Einbindung fachlich spezialisierter Rechtsanwälte, um geeignete Verteidigungs- und Abwehrstrategie aufzubauen.
Sonstige steuerrechtliche Themen (Grunderwerbsteuer; Schenkungssteuer)
Hält die Gesellschaft Immobilieneigentum, kann auch die Einziehung von Geschäftsanteilen ein Anwendungsfall der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs.1. 3 Nr. GrEStG) darstellen, wenn mindestens 90 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder in einer Konzernstruktur vereinigt werden.
Werden Abfindungen aufgrund einer Einziehung geschuldet und geleistet, die aufgrund Satzungsrechts erheblich vom Verkehrswert der Anteile nach unten abweichen, kann der Tatbestand einer Schenkungsfiktion gem. § 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG des ausscheidenden Gesellschafters an den oder die verbleibenden Gesellschafter zur Anwendung kommen. Ungeklärt ist dann, ob die Privilegierungen der §§ 13a, 13b ErbStG in diesem Fall greifen.
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Fall die fachkundige Bewertung der Geschäftsanteile.
Geschäftsführer und Vorstände haften persönlich für unzureichenden Versicherungsschutz; D&O-Versicherung greift in diesem Fall
/von Christoph Schmitz-SchunkenDas Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 26.02.2024, Az. 16 U 93/23, wirft ein Schlaglicht auf die essenziellen Pflichten der Geschäftsführung im Rahmen der betrieblichen Risikovorsorge und des Versicherungsmanagements.